Digitale Medien sind im 21. Jahrhundert in unserer technisierten Gesellschaft fest verankert. Ohne digitale Datenübermittlung wäre sie nicht mehr funktionstüchtig und nicht nur das Bankwesen würde zusammenbrechen. Obwohl die ersten Ausstellungen von Digitaler Kunst bereits 1965 stattfanden, dauerte es bis zum Beginn des 21. Jahrhundert bis sich dieses neue Medium am Kunstmarkt etablierte. Mit der digitalen Kunst ist dabei nicht die die bloße digitale Fotografie oder das digitale Videobild gemeint, sondern Kunstwerke, welche die spezifischen Möglichkeiten des Computers nutzen, der in der Lage ist große Mengen von Informationen sehr schnell zu verarbeiten und entsprechend eine Reaktion bereits nach einem Bruchteil von Sekunden hervorbringt. Das Gebiet der Digitalen Kunst hat sich bereits in viele Unterbereiche unterteilt und wir sprechen jetzt von Software Art, Interaktiven Installationen, 3-D Animationen, Hacktivism, Net Art bis hin zu Medienfassaden, die auf unterschiedliche Art und Weise mit Inhalten bespielt werden können. Überall dort, wo die Digitale Kunst über die traditionellen Medien hinausgeht, wie zum Beispiel bei sich ständig in Echtzeit neu generierenden Darstellungen oder der Nutzung der interaktiven Möglichkeiten des Internets, kommt die spezifische Eigenheit des Computers und verwandter technologischer Mittel zum Tragen.
Zudem reicht das Thema der Digitalen Kunst weiter: Viele Künstler beziehen sich in ihren Arbeiten auf die Digitale Kultur selbst und thematisieren die Verwendung der eigenen technologischen Mittel.
Das Projekt DAM hat sich u.a. der Vertretung historischer Positionen der frühen Computerkunst verschrieben. Vera Molnar oder Manfred Mohr sind nur 2 Beispiele der von der Galerie vertretenen Vorreiter der Entwicklung der Digitalen Kunst, die die Galerie bis hin zu bekannten zeitgenössischen Künstlern wie JODI, Casey Reas oder Eelco Brand verfolgt. Ein umfangreiches Nachschlagewerk stellt das Onlinemuseum www.dam.org dar, das als Recherchetool und Ort der Archivierung Künstlerportraits und -ouvres katalogisiert. In regelmäßigen Abständen initiiert DAM zudem seit 2005 die Vergabe des DAM DIGITAL ART AWARD [DDAA], für das Lebenswerk eines Künstlers. Häufig trägt diese Auszeichnung nicht nur zur finanziellen Unterstützung der Künstler bei, sondern sorgt für deren Einzug in die Aufmerksamkeit der Kunstgeschichtsschreibung. In den Galerien DAM Berlin und DAM Frankfurt stellt Wolf Lieser pro Jahr mehrere Ausstellungen zusammen, die teils Werkzyklen einzelner Künstler präsentieren, jedoch auch in Gruppenausstellungen unter einer kuratorischen Fragestellung einen thematischen Querschnitt durch die Geschichte der Digitalen Kunst bieten. Bei den Veranstaltungen zum Ausstellungsprogramm stellt sich die Galerie immer wieder Fragen der Verbindung der Digitalen Kunst zur Gesellschaft und individuellen Lebensformen als auch zur Bildenden Kunst und dem klassischen Kunstmarkt. Jüngere Künstler wie Aram Bartholl oder auch Evan Roth erforschen das Verhältnis von virtuellen und realen Selbstbildern sowie Interaktionen. Und eine neue Generation von Künstlern beginnt sich zu formieren, die sich als sogenannte “Digital Natives” in ihren Werken nicht mehr notwendig digitaler Mittel bedienen. Nichtsdestotrotz wohnen in ihren teils analogen Arbeiten Denk- und Verhaltensweisen des Digitalen, wie zum Beispiel der Konnektivität, Interaktivität, Liveness und Wiederholung inne.
Wir stellen Ihnen auf blinkvideo.de drei unterschiedliche Positionen aus dem Profil der DAM GALLERY Berlin|Frankfurt vor.
Der international bekannteste Künstler unseres Portfolios ist Casey Reas, der mit seiner Softwarekunst weltweit in Museen ausgestellt und auf Kunstmessen gezeigt wird. Während seines Studiums am Massachusettes Institute of Technology (MIT), USA, entwickelte der heutige Professor (UCLA Design|Media Arts) zusammen mit seinem Kommilitonen Ben Fry die quelloffene Computersprache Processing, die insbesondere für Künstler und Gestalter zur Programmierung von Interaktion und visueller Darstellung genutzt wird. Der Entstehungsprozess seiner Arbeiten, die konzeptuell in der Tradition von Sol LeWitt stehen, beginnt mit einem ausformulierten schriftlichen Konzept, welches dann mittels Computersprache in ein Programm überführt wird. Dieses Programm wird von einem Computer ausgeführt und bringt auf dessen Bildschirm ein visuelles Ereignis hervor, welches sich kontinuierlich wandelt. Ähnlich wie ein lebendiger Organismus verändert sich das, was wir sehen immer fort. Ein ausgegebenes Bild wird sich nicht wiederholen.
Der spanische Künstler Joan Leandre verfolgt einen völlig anderen Ansatz: Seine digitalen Filme basieren auf Computerspielen deren Software er modifiziert und zu einer eigenen Narration umgestaltet. Dabei verändert er die Programmierung der Spiele, indem er Funktionen entfernt oder hinzufügt. In der Serie “In the Name of Kernel” richtet er sein Hauptaugenmerk auf die besondere Bildästhetik einzelner Computerspiele und führt diese in seiner Neumontage teilweise ad absurdum. Das Ergebnis ist ein vollständig komponierter Film von über 20 Minuten Länge, der den Betrachter in diese neu zusammengestellte Welt einsaugt, ohne dass dieser zum Akteur werden muss.
Der dritte Künstler, den wir Ihnen vorstellen, arbeitet mit verschiedenen 3-D Softwareprogrammen, um kleine Animationen oder auch Standbilder zu erzeugen. Das künstlerische Prinzip der 3D-Arbeiten von Eelco Brand ist die schleichende Umkehrung eines idyllischen Naturzustandes in einen surrealen Bildeindruck. Der niederländische Künstler erstellt kurze Filmclips, die eine realistische Naturszenerie detailreich darstellen. Fast unmerklich verändern sich im Laufe der kurzen Clips im Zeitraffer Bilddetails, sodass das Gewohnte ins Surreale oder Absurde kippt. Danach beginnt der Transformationsprozess von neuem. Brands animierte Loops lassen ein ungutes Gefühl zurück. Plakativ könnte man sagen: Die Natur entzieht sich der Kontrolle des Menschen und schlägt im Bild zurück. Bei Brand geschieht dies jedoch auf eine so romantisch- ästhetische Art und Weise, dass wir uns dieser Erschütterung schwer entziehen können.
(Wolf Lieser)